
Klara sammelt 10 Millionen Euro, um die Schulung von Mitarbeitern im direkten Kundenkontakt mit einer KI-gestützten Lernplattform zu verändern
Im Schatten des Bildschirms: Eine 10-Millionen-Euro-Wette auf die digitale Zukunft der "Deskless Workforce"
Während Mitarbeiter ohne festen Arbeitsplatz im Boom der Unternehmenstechnologie weitgehend unsichtbar bleiben, sichert sich ein Pariser Startup frisches Kapital, um die Art und Weise, wie die Welt ihre operative Basis ausbildet, hält und stärkt, neu zu definieren. Aber wird Klaras vorsichtiger Ehrgeiz die Schwergewichte überflügeln?
Eine stille Revolution im Verborgenen
In einem Finanzierungsklima, das von Vorsicht und Rückzug geprägt ist, hat das Pariser Startup Klara in einer Runde unter der Leitung von Endeit Capital, einem deutsch-niederländischen Wachstumsinvestor, der für seine Wetten auf die "Zukunft der Arbeit" bekannt ist, 10 Millionen Euro eingesammelt. Was diese Kapitalerhöhung auszeichnet, ist nicht die Summe – es ist das Segment.
Klara zielt auf eine Kategorie ab, die von der Unternehmenstechnologie seit Jahrzehnten weitgehend ignoriert wird: Mitarbeiter in der Produktion und im Aussendienst ohne festen Arbeitsplatz (Frontline Worker). Diese machen fast 80 Prozent der weltweiten Belegschaft aus, erhalten aber nur 1 Prozent der Investitionen in Unternehmenstechnologie. Mit Kunden wie Safran, Carrefour, Saint-Gobain und OTIS gewinnt Klara leise an Fahrt, indem es etwas Seltenes im Bereich Lernen und Entwicklung bietet: messbaren, operativen ROI.
"Die meisten Unternehmenssoftwares ignorieren das Lager, die Werkshalle, den Aussendienst", bemerkte ein leitender Strategieanalyst bei einer globalen HR-Beratung. "Klara entwickelt nicht für Personalabteilungen. Sie entwickeln für das Herzstück des Unternehmens."
Von Schlagwörtern zu Baselines: Entwicklung für Geschäftsergebnisse
Klaras Gründungsansatz ist präzise: Halbierung der Einarbeitungszeit, Einbettung kontinuierlicher Weiterbildung in die täglichen Arbeitsabläufe und die Umwandlung von Managern und Führungskräften von passiven Sponsoren in aktive Architekten der Mitarbeiterfähigkeiten.
Während sich traditionelle LMS-Anbieter (Learning Management Systems) oft auf Compliance oder Content-Aggregation konzentrieren, entwickelt Klara für operative Beschleunigung. Das zentrale Wertversprechen ist ebenso aggressiv wie pragmatisch: Reduzierung der Einarbeitungszeit von sechs Monaten auf drei, Sicherstellung, dass Mitarbeiter tatsächlich neue Fähigkeiten erwerben, und Quantifizierung von Leistungssteigerungen – alles in Echtzeit.
Dies ist nicht theoretisch. In Sektoren wie Logistik und Fertigung, in denen hohe Fluktuation und lange Anlaufzeiten chronische Schwachstellen sind, führt eine solche Beschleunigung direkt zum Unternehmenserfolg.
Ein Operations Manager auf mittlerer Ebene bei einem französischen Fertigungskonzern, der Klara derzeit einsetzt, formulierte es kurz und bündig: "Früher haben wir Training als versunkene Kosten betrachtet. Jetzt sprechen wir über Lerngeschwindigkeit wie über Durchsatz."
Jenseits des LMS: KI als Wettbewerbsfaktor
Was für Klara als nächstes kommt, ist nicht nur mehr vom Gleichen. Mit frischem Kapital plant das Unternehmen die Einführung einer Reihe von KI-gestützten Funktionen, die darauf abzielen, Lernpfade zu personalisieren, Qualifikationsdefizite automatisch zu analysieren und Leistungsdaten mit der strategischen Personalplanung zu verknüpfen.
Wenn diese Funktionen erfolgreich sind, könnte Klara sich als mehr als nur ein Lernwerkzeug positionieren. Sie könnten es zu einer operativen Intelligenzebene machen – einem Feedbacksystem dafür, wie Unternehmen Talente über verschiedene Regionen hinweg einsetzen, entwickeln und halten.
"Es geht nicht darum, Ausbilder durch Chatbots zu ersetzen", sagte ein in Paris ansässiger Investor für Unternehmenstechnologie, der den Bereich beobachtet. "Es geht um vorausschauende Weiterbildung in grossem Umfang – um die Ecke schauen, die Geschäftsanforderungen mit den menschlichen Fähigkeiten in Einklang bringen, bevor die Lücke zur Krise wird."
Solche Bestrebungen sind jedoch nicht ohne Reibungsverluste. KI in der Personalentwicklung ist bekanntlich schwierig tiefgreifend zu implementieren, insbesondere wenn es sich um Personen handelt, die nicht mit digitalen Medien aufgewachsen sind, und um fragmentierte Datensysteme. Klaras Erfolg wird von seiner Fähigkeit abhängen, sich nahtlos in bestehende ERP- und HR-Plattformen zu integrieren, von denen viele nie für Mitarbeiter ohne festen Arbeitsplatz – oder für Echtzeit-Lern-Feedbackschleifen – konzipiert wurden.
Ein Feld voller Möchtegern und Giganten
Während Klara Wellen schlägt, ist es nicht allein, die Chance der "Deskless Workforce" zu erkennen. Eine Reihe von Startups – darunter WorkStep, YOOBIC und Axonify – sind in den letzten Jahren entstanden, jedes mit seiner eigenen Sichtweise auf die Einbindung und Entwicklung von Mitarbeitern im Aussendienst. Inzwischen umkreisen etablierte Giganten wie Cornerstone und Degreed den Bereich, wenn auch aus der Ferne, und versuchen, ihre Angebote für ein völlig anderes Benutzerprofil nachzurüsten.
Die Wettbewerbsdynamik ist differenziert. WorkStep konzentriert sich auf Compliance- und Einstellungsdaten; YOOBIC konzentriert sich auf Kommunikation und Aufgabenmanagement; Axonify gamifiziert Microlearning. Jeder schneidet das Problem des Lernens von Mitarbeitern ohne festen Arbeitsplatz anders an.
Wo Klara sich jedoch abzuheben scheint, ist seine Besessenheit von messbaren Ergebnissen und seine Strategie, das Lernen direkt in die Geschäftsprozesse einzubetten, anstatt es anzuhängen. Wie es ein Marktanalyst formulierte: "Klara versucht nicht, 'sticky' zu sein. Es versucht, unerlässlich zu sein."
Aber die etablierten Unternehmen ruhen sich nicht aus. Mit tieferen Taschen, grösseren installierten Basen und breiteren Unternehmensbeziehungen könnten Unternehmen wie Cornerstone Klaras Ansatz übernehmen – vielleicht durch Akquisition, vielleicht durch Iteration.
"Dieses Fenster wird nicht ewig offen bleiben", warnte ein europäischer SaaS-Investor. "Entweder Klara baut mit KI und Integrationen einen ausreichend breiten Burggraben, oder die Giganten werden einfach hineinspazieren."
Die ungesehenen Einsätze: Warum dieser Markt jetzt wichtig ist
Klaras Fokus mag nischig erscheinen, aber die breiteren Auswirkungen sind alles andere als das. Da der Arbeitskräftemangel operative Branchen in ganz Europa und Nordamerika erschüttert, bemühen sich Unternehmen, bestehende Mitarbeiter umzuschulen, nicht nur neue einzustellen. In diesem Umfeld werden Plattformen, die Fähigkeiten beschleunigen, nicht nur Zertifizierungen, eine entscheidende Rolle spielen.
Darüber hinaus erfährt die betriebliche Weiterbildung in einer Welt, die zunehmend von Echtzeitmetriken und operativen KPIs bestimmt wird, eine stille Metamorphose – von einer Gemeinkostenposition zu einem strategischen Hebel.
"ROI on Learning ist seit Jahrzehnten ein Running Gag", sagte ein globaler HR-Systemberater. "Wenn Klara ihn wirklich auf eine verteidigungsfähige, wiederholbare Weise liefert? Das verändert die Budgetgespräche komplett."
Für Investoren sind die Auswirkungen verlockend. Eine Plattform, die quantifizierbare Ergebnisse für die 2,7 Milliarden Mitarbeiter ohne festen Arbeitsplatz weltweit liefert, erschliesst nicht nur Effizienz – sie erschliesst neue Monetarisierungsebenen, von vorausschauenden Erkenntnissen bis hin zur Personalplanung als Service.
Einblick in die Zahlen: Stärken, blinde Flecken und Wildcards
Was Klara hat:
- Marktvalidierung durch Kunden wie Safran und Carrefour.
- Kapitalausstattung von einem Investor mit klarem Fokus in Endeit Capital.
- Narrative Fit in einer Welt, die von Produktivität, KI und Arbeitskräftewiderstandsfähigkeit besessen ist.
Was es noch braucht:
- Detaillierte Kennzahlen über die Einarbeitungszeit hinaus – Nutzereinbindungsraten, Kosteneinsparungen, lebenslanger Weiterbildungs-ROI.
- Globales Konzept für die Expansion über Frankreich und Europa hinaus. Die Skalierung in Lateinamerika oder Südostasien wird sowohl Produkt als auch Betrieb auf die Probe stellen.
- Defensive Schutzwälle gegen besser finanzierte Konkurrenten, die in seinen Bereich eindringen. KI allein reicht nicht aus, wenn sie zur Massenware wird.
Wildcards:
- Tiefe der KI-Integration: Wenn Klaras KI-Stack Lernkurven wirklich vorhersagen und sie an die Geschäftsbedürfnisse anpassen kann, verschiebt sich die Plattform vom Lernmanagement zur Workforce-Optimierung.
- M&A-Interesse: Da sich die Plattformen für betriebliches Lernen konsolidieren, könnte Klara ein Top-Akquisitionsziel sein – es sei denn, es baut ausreichend breite Mauern, um unabhängig zu bleiben.
Der Weg nach vorn: Stilles Vertrauen in einem lauten Markt
Klara macht keinen Lärm um des Lärmens willen. Seine Strategie ist methodisch, sein Markt riesig, sein Timing dringend. Aber trotz aller frühen Erfolge werden die nächsten 12 Monate darüber entscheiden, ob dieses Startup zu einer kategorieprägenden Plattform wird – oder zu einem weiteren Beinahe-Treffer in der überfüllten Landschaft der "Zukunft der Arbeit".
Der Erfolg wird nicht daran gemessen, wie viele Logos dem Pitch Deck hinzugefügt werden. Er wird daran gemessen, wie tief sich Klara in das Nervensystem der Unternehmen einbettet, denen es dient – wie viele Millisekunden, Fehler und Euro es jeden Tag an der Front einspart.
Und in dieser Schlacht ist der eigentliche Wettbewerb nicht nur andere Startups. Es ist die Trägheit.